Die neue schulische Realität
Die Universität Koblenz Landau hat sich im Zeitraum seit Beginn der ersten Schulschließungen im Jahr 2020 mit den Auswirkungen des Homeschoolings beschäftigt (https://www.zepf.eu/wp-content/uploads/2020/06/Bericht_HOMEschooling2020.pdf). Dabei wurden mehr als 4.000 Elternteile um ihre Meinungen und Erfahrungen gebeten. An ihren Antworten kann auch die neue schulische Realität für Schülerinnen und Schüler erkannt werden.
Die Unterrichtsmaterialien
In einem Teilbereich der Befragung wurden die Elternteile auf die zur Verfügung gestellten Aufgaben ihrer Kinder befragt. Dabei ging es in erster Linie um deren Gestaltung und die jeweiligen Schwierigkeitsgrade. So ist ein Großteil der Befragten der Meinung, dass die Aufgabenstellungen für die Schülerinnen und Schüler verständlich sind und sie diese auch selbstständig bearbeiten können. Aus inhaltlicher Sicht sind diese Aufgabenstellungen zum Großteil für das Erlernen von neuen Stoffgebieten und zur Wiederholung bereits erlernter Stoffgebiete verwendet worden. Beachtlich ist hierbei, dass vor allem in Mathematik und Deutsch die Schülerinnen und Schüler sich in weiten Teilen der Materie den Stoff selbst beibringen mussten. Zusammenfassend kann jedoch gesagt werden, dass an sich die Materialien geeignet sind, um den Schülerinnen und Schülern den Stoff zu vermitteln. Jedoch muss angemerkt werden, dass der Anteil am selbstständigen Erlernen von neuen Stoffgebieten durch das Homeschooling stark angestiegen ist.
Die Studie zeigt deutlich, dass durch das Homeschooling sämtliche kreative Betätigungen aus dem Schulalltag verschwunden sind. So gibt der Großteil der Befragten an, dass ihre Kinder eher selten bzw. nie kreative Aufgaben beispielsweise im Fach Sport oder Kunst erhalten haben.
Übermittlung der Unterrichtsmaterialien
In einem weiteren Fragenblock wurden die Elternteile zur Organisation des Homeschoolings von Seiten der Schule befragt. Laut den Ergebnissen dieser erhalten die Schülerinnen und Schüler ihre Aufgaben entweder in Form eines Wochenplans oder völlig unrhythmisch. Einige geben auch an, dass ihre Kinder mit Wochen- bzw. Monatsplänen oder einem Stundenplan arbeiten. Neben dieser Versendung von Unterrichtsmaterialien bieten die Lehrkräfte Unterstützung in Form von E-Mail, durch Internetseiten oder dem online Materialdownload an. Häufig werden auch YouTube und Apps, eher seltener Telefonate erwähnt.
Durch die Befragung zeigt sich, dass die von den Lehrern gestellten Aufgaben teilweise gar nicht eingefordert werden. So gibt der Großteil der Eltern an, dass ihre Kinder entweder gar keine Aufgaben bzw. nur einzelne Aufgaben abgegeben haben.
Positiv fällt auf, dass das Lehrpersonal bezüglich der Rückmeldungen weitgehend engagiert ist. So geben die meisten Eltern an, dass ihre Kinder immer, oft bzw. gelegentlich eine Rückmeldung vom Lehrpersonal auf ihre Aufgaben erhalten. Eine solche Rückmeldung erhalten die Schülerinnen und Schüler zum Großteil per E-Mail oder andere Lernplattformen. Nichtsdestotrotz wird durch die weiteren Fragen mehr als deutlich, dass dieser Austausch von Seiten der Eltern als zu gering empfunden wird. Die meisten fordern aktivere Rückmeldung und beziehen sich dabei auf bestimmte Fächer.
Schulische Performance
Trotz der auftretenden Probleme im Rahmen des Distance Learning zeigt sich deutlich, dass sich die Noten der Schülerinnen und Schüler nicht verschlechtert haben. So hat sich beim Großteil die Note nicht verändert. Es muss jedoch auch erwähnt werden, dass sich die Noten nur bei den Wenigsten verbessert haben. Die Häufigkeit der Verschlechterung ist hierbei wesentlich höher.
Psychologische Aspekte
Welche Auswirkungen das Homeschooling bzw. die Pandemie auf die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler haben wird, kann zu diesem Zeitpunkt nur abgeschätzt werden. Jedoch zeigen sich bereits erste Auswirkungen. Jedoch haben sich schon einige Wissenschaftler mit dem Thema beschäftigt und passende Befragungen durchgeführt. Eine dieser Untersuchungen wurde von Mandy Vogel in Kooperation mit anderen Wissenschaftlern im März 2021 veröffentlicht. Sie und ihre Kollegen haben deutsche Schülerinnen und Schüler am Ende des 1. Lockdowns im Jahr 2020 über ihr Wohlbefinden befragt (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34485984/).
Bereits vor Beginn der Pandemie haben sich einige Schülerinnen und Schüler privat nicht mit ihren Mitschülern getroffen. Durch das Social Distancing hat sich dies noch weiter verstärkt. Gleichzeitig geben sie auch an, dass ihnen genau dieser Kontakt mit Gleichaltrigen fehlt.
Der Druck kommt aber auch von ganz anderen Seiten. So geben die Schülerinnen und Schüler an, dass sie sich selbst zwar nicht vor Covid-19 fürchten, sich aber um ihre Familie sorgen. Damit scheiden auch sämtliche Treffen mit Freunden aus. Je mehr Kontakte mit anderen Personen gegeben sind, desto höher ist schließlich auch die Gefahr der Ansteckung.
Durch diesen Druck und die radikalen Veränderungen im Schulalltag wurden bei wesentlich mehr Schülerinnen und Schülern psychische Störungen und Krankheiten entdeckt. Diese bedürfen einer psychologischen Betreuung und werden wohl auch die gesamte Zukunft der Schülerinnen und Schüler prägen.
Ebenfalls alarmierend ist, dass die Schülerinnen und Schüler im Verlauf der Pandemie immer mehr die Meinung vertreten, dass es nie mehr zu einem Schulalltag „wie damals“ kommen wird.
Durch die Pandemie mussten die Schülerinnen und Schüler schlagartig selbstständig werden. Manche konnten sich hier leicht einfinden, während andere Probleme hatten. Den Ergebnissen der einzelnen Studien ist gemeinsam, dass vor allem jüngere Schülerinnen und Schülern die Umstellung nicht leicht gefallen ist. Ein Großteil von ihnen kann das gesamte Konzept einer Pandemie noch nicht richtig erfassen und versteht damit auch nicht die Notwendigkeit der Distanzierung von Freunden und Bekannten. Vor allem in den ersten Schuljahren ist der Austausch zwischen den Kindern besonders wichtig. Je älter diese werden, desto eher kann eine online Kommunikation das persönliche Treffen ersetzen. Natürlich kann dies nicht mit einer tatsächlichen Begegnung in der Schule verglichen werden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Pandemie bereits jetzt erste Auswirkungen auf das soziale Verhalten von Schülerinnen und Schülern zeigt. So führt die Abkapslung zu einem Rückzug in sich selbst und ruft verschiedensten psychische Krankheiten hervor. Das gesamte Ausmaß der Auswirkungen der Covid-19 Pandemie wird wohl erst in den kommenden Jahrzehnten erfasst werden können.